Geschichte des Clubschiffs „Dorotea“

Die „Dorotea“ als Segler getakelt vor dem Hamburger Fischmarkt
Die „Dorotea“ als Segler getakelt vor dem Hamburger Fischmarkt

 

Ein bunt kostümiertes Völkchen von RYC Clubmitgliedern erwartete an Fastnacht-Sonntag 1981 gespannt das Einlaufen des Kümos „Dorotea“ in den Rüdesheimer Hafen. Einige waren mit dem Auto schon bis zur Loreley gefahren, um sie auf dem Rhein auszumachen und ihre Ankunft weiter zum Hafen zu melden. Als sie dann endlich mit dem Eignerehepaar Rust und der Crew Matthias Schneider und Kpt. Betzing aus Assmannshausen in den Hafen einlief, war die Freude groß.

 

Die „Dorotea“ läuft in den Rüdesheimer Hafen ein, März 1981
Die „Dorotea“ läuft in den Rüdesheimer Hafen ein, März 1981

 

Die bunte Fassenachterschar enterte sofort an Deck und nahm das neue Clubschiff in Besitz.

 

Fassenachter an Bord

 

Gleich am Aschermittwoch begann in Eigenleistung ein emsiges Werkeln und Umbauen an dem Schiff, bis es sein jetziges Aussehen und seine auf das Clubleben abgestimmte Funktionen erhielt. Das dauerte einige Jahre und viel Schweiß und Geld der Clubmitglieder floss in das ehrgeizige Projekt.

 

Heute kann der Club stolz sein auf seine „Dorotea“, die in all den Jahren der Mittel-punkt des Clublebens war und heute noch ist. Die Pflege und Unterhaltung eines Stahlschiffes im Wasser ist natürlich aufwändiger und kostenintensiver als ein Club-haus an Land. Alle 5-6 Jahre wird die „Dorotea“ zur Binger Schiffswerft verschleppt, auf Helling gelegt und ihr Unterwasserschiff überholt. Nur so kann eine lange Lebensdauer erreicht werden.

 

„Dorotea“ auf der Binger Werft, das Unterwasserschiff wird gestrichen.

 

Mast und Ladebaum wird gestrichen

 

Wie kam nun der Club an dieses Schiff?
Nachdem das erste Clubschiff „Präsident“, das in Privatbesitz war und dem Eigner als zeitweiliger Wohnsitz diente, von diesem gekündigt wurde, musste sich 1980 der Club nach einem neuen Objekt umsehen.

 

Bis 90 Meter lange Frachtschiffe, ein verrosteter Walfänger in Stavanger und ein nagelneuer Holzrumpf eines Minensuchers der Bundesmarine wurden in Augen-schein genommen. Als diese Objekte schließlich alle aus verschiedenen Gründen nicht akzeptabel waren, schickte der Vorstand drei „Fachleute“ ( M. Schneider, F. Worsch, H. Fluhrer) in den Weihnachtsferien 1981 auf die Reise nach Holland und Norddeutschland  mit dem Auftrag, ein geeignetes Schiff zu suchen.

 

Am 3. Tag der Reise – eine Annonce in der „Yacht“ gab den Hinweis – wurden sie in Oberndorf an der Oste fündig: Ein kleiner Kümo (Küstenmotorschiff) – 1930 als Motorsegler gebaut, mit Heimathafen Hamburg, in 2. Generation im Besitz der Familie Rust – war das „Traumschiff“ . Noch am Abend der Rückkehr wurde die „Dorotea“ per Telefon für 30.000 DM gekauft und gleichzeitig vor der Abwrackwerft bewahrt.

 

Im März 1981 startete die „Dorotea“ zu ihrer letzten Reise. Das Ehepaar Rust – verstärkt durch eine Crew des RYC ( F. Worsch, F. Klein, B. Horn) – überführte das Schiff mit einer letzten Ladung Mais von Hamburg nach Oldenburg (Die Frachtrate deckte die Kosten für Diesel ) und von dort nach Rüdesheim. In Cuxhaven wartete man eine Woche auf besseres Wetter, um das Stück über offene See nach Bremer-haven zurücklegen zu können. Pünktlich zur Fastnacht traf man dann – wie oben schon berichtet – in Rüdesheim ein.

 

MS „Dorotea“ ( „ohne Hotel“ wie Kpt. Rust bei jeder Anmeldung über Funk sagte)
ist 1930 als Frachtschiff aus Stahl – noch genietet –  auf der Werft Gebr. van Diepen in Waterhuizen (NL) gebaut worden. Anfänglich als Motorsegler getakelt, wurde das Schiff in der kleinen Küstenschifffahrt eingesetzt und fuhr in Nord- und Ostsee sowie auf den norddeutschen Kanälen im Getreide und Kohlentransport.

  • Länge: 35,00 m (nach Verlängerung um 3,45 m im Jahr 1955)
  • Breite: 5,65 m
  • Tiefgang: 1,20 m
  • Verdrängung: 149  BRT
  • Motor: 180 PS, MWM-Diesel

 

Der Mast mit ca. 2 t Ladebaum ist original und wurde vor der Überführung auf einer Werft in Norddeutschland abgeholt und an Deck genommen.  
Die Fahrt  Duisburg – Rüdesheim auf dem Rhein war die erste und vorläufig letzte Fahrt der „Dorotea“ auf dieser Strecke. Da Kpt. Rust kein Patent für den Rhein hatte, engagierte der RYC den ehemaligen Raddampfschlepper-Kapitän Jakob Betzing aus Assmannshausen für die Rheinstrecke als Schiffsführer.

 

Heute ist die „Dorotea“ der Mittelpunkt unseres Clublebens. Ein stilvoller Clubraum im Achterschiff mit ca. 30 Sitzplätzen, einer Bar-Theke mit Bierzapfanlage, Fernseher für Video od. DVD und Audio-Geräten sorgt für alle Möglichkeiten der Kommunika-tion. Ob es was zu feiern gibt, Vorträge über einen Urlaubstörn oder Unterricht für maritime Ausbildung, der Clubraum steht für alle Bedürfnisse offen.

 

Clubraum mit Bar im Achterschiff

 

Eine kleine Kombüse in Verbindung zum Clubraum ermöglicht auch die kulinarische Versorgung der Mitglieder und Gäste.

 

Kombüse an Bord

 

Auch im Winter wird dort geheizt und einzelne oder Gruppen von Mitgliedern haben dort mit ihrem Schlüssel Tag und Nacht Zutritt und können sich selbst bedienen.

 

Im Sommer steht noch das Mitteldeck und das überdachte Vordeck sowie das Oberdeck für Festlichkeiten aller Art zur Verfügung. Über 200 Personen wurden schon bei Empfängen, Hochzeiten, Regatten oder Bordfesten an Deck gezählt.

 

„Dorotea ist für die Feierlichkeiten bereit!

 

Der große Laderaum erhielt nur einen schönen durchgängigen Holzboden. Die Bord-wände mit Spanten und  Deck sind entrostet und gestrichen im Originalzustand zu bewundern. So schuf man unter Deck einen Vielzweckraum, der im Sommer bei Regenwetter den Festgästen einen Unterschlupf bietet und im Winter als Lagerraum zur Verfügung steht.

 

 

Ebenfalls unter Deck war noch Platz für 2 Werkstatträume, Vorratsraum, Heizung und 10m² Fäkalientank, der eine direkte Entwässerung zum benachbarten Klärwerk hat. Toiletten und Duschen befinden sich noch an Deck. In der Planung sollen sie einmal, um Platz zu schaffen, als schwimmendes Sanitärgebäude in die Steganlage integriert werden.

 

Der RYC ist davon überzeugt, dass die Investition in das Projekt Clubschiff „Dorotea“ sich auf  jeden Fall gelohnt hat und sie hoffentlich noch viele Jahre und Generationen von Clubmitgliedern im Rüdesheimer Hafen als Ort der Kommunikation und Geselligkeit Freude bereitet.

 

Herr Peter Langer , der 1959/60 auf der DOROTEA als Schiffsjunge fuhr, entdeckte sein altes Schiff 2012 auf unserer Website und übergab uns folgende alten  Bilder.

Unter Segel auf der Nordsee 1960

Auf der Werft Geversdorf nach einer Kollision im Nord-Ostsee-Kanal  1959

Auf der Elbe kurz vor Hamburg  1960

Peter Langer als Schiffsjunge im Logis des Vorschiffs  1959

Die DOROTEA war kein echter Segler sondern ein Motorsegler. Das Segel wurde wohl nur bei achterlichem Wind gesetzt als zusätzlicher Schub zur Maschine. Damals wurden Frachtensegler noch durch Subventionen unterstützt, daher hatte man das Motorschiff als Segler geriggt!

H. Fluhrer

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