Kurz vor Jahreswechsel erreichte folgende Mail unseres Clubkameraden Stefan Mühlhause von Bord seiner SY „Lykke“ unseren Ex-Vorsitzenden Horst Fluhrer:
Lieber Horst,
….eigentlich wollte ich Dir immer nach den einzelnen Reiseabschnitten, einen kurzen Bericht, auch für den RYC ( „Rüdesheim“ und „RYC“ steht ja schließlich groß auf dem Spiegel unseres Bootes ) senden.
Wie Du den folgenden Sätzen entnehmen kannst, hatten wir jedoch immer so viel um die Ohren, dass ich erst jetzt dazu komme.
Zuerst aber einmal liebe Grüße aus der Karibik, ein paar besinnliche Tage „zwischen den Jahren“ , und einen guten Rutsch ins neue Jahr !!!
Wir sind Mitte Juli von Bruinisse ( NL ) aus, mit unserer 13 Jahre alten HR 46 „Lykke“ zu einer einjährigen Atlantikrunde aufgebrochen.
Vor unserer Abreise habe ich 4 Wochen non – Stopp am Boot gearbeitet, wie sich nachher aber herausgestellt hat, war unsere Vorbereitungszeit viel zu kurz, und ich hätte das Boot besser ein paar Jahre zuvor gekauft.
Na ja, du weißt ja,- mir fehlte die Zeit !
Unser erster Stopp war Dover, dann ging es zum Solent, von dort aus nach Guernsey, und die Nord – bretonische Küste entlang nach Brest.
Bei der anschließenden Biskaya Überquerung hatten wir akzeptable Bedingungen, bis auf die letzte Nacht vor la Coruna`, da hatten wir zwischen 32 und 40 Knoten Wind, und eine die Dünung quer überlagernde Windsee, was nicht wirklich angenehm war.
Weiter ging es um Cap Finistere, die portugiesische Küste ( oft pottendicker Nebel ) entlang bis nach Lissabon, und von dort, nach einer Woche weiter nach Madeira.
Die Überfahrt war traumhaft, wir haben nur 65 STD gebraucht, und hatten 3 Tage lang Tag und Nacht den Gennaker oben.
In Madeira verbrachten wir 2 entspannte Wochen, bevor wir direkt nach Las Palmas segelten, um unser Boot aus dem Wasser zu holen, da das Stevenrohr undicht war.
Wir verbrachten 3 Wochen bei Rolnautic auf der Werft, reparierten unzählige Dinge, und segelten danach nach la Palma, la Gomera, el Hierro und Teneriffa.
2 Wochen vor dem Start der ARC waren wir wieder in Las Palmas.
Nach 2 Wochen Dauerparty ( Die ARC ist wirklich super organisiert, man lernt viele nette Leute aller Nationen kennen, die alle so ticken wie man selbst ) ging es am 19.11. los.
Die Wettersituation war untypisch mit einem umfangreichen Tief westlich der Kanaren, dass sich weiter Süd – westlich verlagern sollte.
Wir haben dann die Südroute, nahe der afrikanischen Küste gewählt, was eine gute Entscheidung war, wir wären bei den Kapverden in der vorderen Gruppe in den Passat gekommen, und ganz vorne dabei gewesen.
Wir haben dann aber sicherheitshalber Mindelo angelaufen, weil unsere 24 V Lima den Geist aufgegeben hat, und wir auf diesem Weg keinen Strom mehr erzeugen konnten.
Leider konnten wir dort ( trotz anders lautender über Iridium, beim örtlichen Yacht Service, der von Kai Brossmann aus D geleitet wird, eingeholter Informationen) keine neue Lichtmaschine auftreiben, und die alte war auch nicht zu reparieren.
Wir dachten ok ! , dann muss es eben der wenig geliebte Generator richten.
Leider lief der nur 2 Tage, ein Sensor des „automatic switch off“ Systems war defekt.
Wir konnten das zwar reparieren, aber mehr als 15 % Batteriekapazität in 24 Std. konnten wir nicht mehr erzeugen.
So mussten wir von Hand steuern, und haben den Autopilot nur stundenweise Nachts genutzt.
Wir schalteten alle Verbraucher aus, haben 5 KG Fleisch über Bord geworfen, und navigierten mit Hand GPS und Karte.
Unser „Spirit“ war aber gut, und wir konnten, trotz ca. 1,5 Tagen, welche wir durch unseren Mindelo-Stopp verloren hatten, eine ganze Menge Boote wieder einholen.
Dann, Sonntagmorgen um 04.00 UTC ( 10.12. ), 250 SM östlich Barbados, ist unser Mast gebrochen !
Unser Notfallmanagement hat gut funktioniert, wir haben eine Akku Flex mit Edelstahltrennscheiben ( ein Muss, ohne die hätten wir bestimmt Probleme bekommen ) an Bord, und konnten das Rigg innerhalb von 15 Minuten komplett vom Schiff befreien, ohne dass der Rumpf auch nur einen Kratzer abbekommen hätte.
Muss man trotzdem nicht haben, der stampfende Mast hat alles wegrasiert, was ihm in den Weg kam, das Hydraulicöl spritzte überall rum,….
Ist aber erstaunlich wie ruhig und „maschinenartig“ man in so einer Situation funktioniert.
Haben dann gewartet bis es hell wurde, um sicher zu sein, dass nichts im Wasser hängt, und haben dann die Maschine gestartet. Zum Glück wurde das Wetter ruhig, und wir hatten genug Diesel.
Wir haben ein Notrigg mit dem 2. Spibaum gebaut und konnten da auch eine Not- VHF Antenne riggen.
Wir haben MRCC Martinique verständigt und die haben uns eine französische Yacht als Begleitung zugeleitet.
War also alles save.
Nach der Ankunft hier wurden wir von allen gefeiert, und hatten dann 2 Tage lang deutlich über 2 Promille, ich eher 7 Tage !
Bei der Siegerehrung gab es noch eine schöne Überraschung. Trotz des Mindelo-Reparaturstopps und dem Mastbruch landeten wir in der Overall Wertung auf Rang 44, und haben den ARC Kaprys Award ( steht wohl für gute Seemannschaft, oder auch für die Yacht mit dem meisten Pech ) überreicht bekommen.
Warum ist der Mast gebrochen ?
Wir hatten nur 16 Kts Wind, im Frühjahr wurde neue Wanten, Stagen und Salinge montiert.
In Las Palmas wurde das Rigg von „Alisios sailing“ kontrolliert, und im Rahmen der ARC war „Jerry the Rigger“ an Bord, der uns einen Preis für das „sicherste Rigg aller ARC Boote“ geben wollte.
Während der Überfahrt kontrollierten wir jeden Tag das Rigg, so auch am Abend vor dem Mastbruch,- es war nichts ungewöhnliches zu erkennen !?
Der Mast ist 1 m über Deck einfach weggeknickt, ohne dass ein Want oder ein Stag gebrochen ist
Na ja, Niemand wurde verletzt, und wir sind angekommen !!
Wir ankern gerade vor le Marin / Martinique und hoffen, dass unser Mast, der bei Selden Frankreich produziert wird, bis Mitte Februar hier eintrifft.
Wenn Du möchtest, kannst Du ja im RYC mal´ berichten, und alle von uns grüßen.
Liebe Grüße,
Stephan und die Lykke – Crew